Weil sie „etwas aushandeln“ wollten

Betriebsratsbehinderung – Callcenter Simon & Focken kündigt alle Betriebsratsmitglieder

(ml) Einen schweren Fall von Behinderung der Betriebsratsarbeit gibt es derzeit beim Callcenter-Betreiber Simon & Focken in Hamm. Dort bekamen alle fünf Betriebsratsmitglieder, die Anhörung zur außerordentlichen Kündigung gereicht. Der Arbeitgeber begründete, die fünf Betriebsratsmitglieder hätten bei der letzten Sitzung des Betriebsrats nicht dem vorgelegten Schichtplan zugestimmt. Der Arbeitgeber wollte an Fronleichnam Feiertagsarbeit anordnen und fühlte sich erpresst, weil der Betriebsrat von seinem Mitbestimmungsrecht Gebrauch gemacht hat und „etwas für die Kolleginnen, die an diesem Tag arbeiten sollten, aushandeln wollte“, erläutert Matthias Baumann von ver.di Westfalen, Fachbereich Besondere Dienstleistungen.

Der Betriebsratsvorsitzende Andreas Piezocha sagt dazu: „Wichtig ist uns, dass wir bei der Zustimmung von Sonn- und Feiertagsarbeit besser zweimal hinschauen, bevor wir zustimmen, und zuerst fragen, welchen Nachteilsausgleich es für die Kolleginnen und Kollegen geben kann, die dann ja sonntags, oder am Feiertag arbeiten müssen, wenn wir dem zustimmen.“ Zu einer Verhandlung über einen Nachteilsausgleich kam es dann aber nicht, dafür flatterte jedem Betriebsratsmitglied die Anhörung zur außerordentlichen Kündigung ins Haus.

„Das ist ein merkwürdiges und außergewöhnliches Verhalten des Arbeitgebers“, betont Matthias Baumann. Und genauso merkwürdig sei auch die Anhörung verlaufen, bei der die jeweiligen Betriebs- und Ersatzbetriebsräte dem Kündigungsbegehren des Arbeitgebers natürlich nicht zugestimmt haben. „Wir mussten für jedes einzelne Kündigungsbegehren ein Ersatzmitglied aus dem Betriebsrat in die Abstimmung schicken. Schließlich haben wir allen fünf Kündigungen nicht zugestimmt“, sagt Piezocha.

Hintergrund des Konflikts ist nicht nur der Streit um den Fronleichnam als Arbeitstag, sondern der wiederholte Versuch des Arbeitgebers an Sonn- und Feiertagen Arbeitsschichten einzuplanen, denen der Betriebsrat nicht zustimmte. Am 9. Juni erging das Urteil des Arbeitsgerichts, welches dem Betriebsrat recht gibt und die Arbeit an Fronleichnam untersagt. Im Vorfeld und vor Gericht habe der Arbeitgeber laut ver.di dem Betriebsrat auch gedroht, er müsse für wirtschaftliche Schäden haften, wenn er dem gereichten Schichtplan nicht zustimme. Mit den Drohungen und erfolgten Kündigungen habe der Arbeitgeber die Betriebsratsarbeit behindert, sagt Matthias Baumann. Über die Rechtswirksamkeit dieser offensichtlichen Behinderung der Betriebsratsarbeit werde nun das Arbeitsgericht entscheiden müssen. Für die Beschäftigten bei Simon und Focken und ver.di steht fest, hier will man sich eines unbequemen Betriebsrates entledigen und „Widerstand gegen Sonn- und Feiertagsarbeit plattbügeln“.

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