Call Center – sichere Jobs ?

Qualifizierte Beschäftigte – ex und hopp?

Call Center (oder auch Service Center) sind darauf angewiesen, mit effizienten und qualitativ hochwertigen Dienstleistungen bestehende Kunden zu halten und neue Kunden zu gewinnen. Dies kann nur gelingen, wenn selbständiges, teamorientiertes und mit fundiertem Fachwissen ausgebildetes Personal die Dialogprozesse steuert und die nachgelagerten Arbeitsabläufe sicher beherrscht.

Die Realtität: Agents in unsicheren Arbeitsverhältnissen?

Demgegenüber steht die Beobachtung, dass sich die Beschäftigten in Call Centern – insbesondere die Agents in sog. „freuen“ Call Centern – oftmals in unsicheren. „prekären“ Arbeitsverhältnissen befinden: befristete bzw. kapazitätsorientierte Arbeitsverhältnisse, Leiharbeit, geringfügige Beschäftigung („Mini-/Midijobs“), Teilzeitbeschäftigung, Beschäftigung mit geringem Festgehalt und hohem Anteil variabler Vergütung.

Zudem gibt es genügend Beispiele dafür, dass vermeintlich sichere Arbeitsplätze kurzfristig abgebaut werden, indem ganze Betriebe geschlossen, Betriebsteile ausgelagert, bzw. Aufträge innerhalb des Unternehmens von Standort zu Standort verschoben werden und das zum Personalabbau oder zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen genutzt wird.

In der Folge heißt das zum einen, dass viele Beschäftigte trotz einer Arbeitsstelle in einem Call Center nicht genug für ihren Lebensunterhalt verdienen und deshalb auf einen Zweitjob bzw. auf Leistungen aus der Grundsicherung („Aufstocker“) angewiesen sind; zum anderen heißt es, dass noch mehr ständig mit der Bedrohung leben, kurzfristig ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Betriebliche und arbeitsmarktpolitische Ursachen

Dies passt nun gar nicht damit zusammen, dass an die Arbeit der Agents hohe Anforderungen gestellt werden, da ein Arbeitgeber doch das Ziel verfolgen sollte, qualifizierte Beschäftigte mit attraktiven Beschäftigungsbedingungen langfristig an sich zu binden. Aber zum einen gibt es Call Center-Betreiber, die Strategie verfolgen, durch enormen Leistungsdruck und Kontrolle die Beschäftigten zu Höchstleistungen zu „motivieren“. Zum anderen tragen auch die arbeitsmarktpolitischen Vorgaben nur bedingt dazu bei, gesicherte Arbeitsverhältnisse durchzusetzen. Das ursprüngliche Argument zur „Duldung“ prekärer Arbeitsplätze war, sie ermögliche lediglich die Abarbeitung von Auftragsspitzen, tatsächlich bedrohen sie jedoch massiv das unbefristete „Normal“-Arbeitsverhältnis. Als neuestes Mittel zur Reduzierung der Stammbelegschaft findet man bspw. derzeit verstärkt die Erledigung von Tätigkeiten über Werkverträge. Die individuellen Folgen von prekärer Beschäftigung sind Demotivation, innere Kündigung und gesundheitliche Beeinträchtigungen bis hin zu Arbeitsunfähigkeit.

Im betrieblichen Umfeld handeln: sichere Arbeitsplätze verankern

Die betriebliche Interessenvertretung muss sich als Grundlage zunächst die Personal-, Personalbedarfs-, Personaleinsatz und Kapazitätsplanung vorlegen lassen. Insbesondere sind auf dieser Basis die Auswirkungen auf die Stammbelegschaft zu hinterfragen. Neben einem schleichenden Personalabbau können mit einem hohen Anteil prekärer Arbeitsverhältnisse auch weitere Nachteile verbunden sein, z.B. niedriges Entgelt bei Teamprämien wie auch zusätzliche Arbeitsbelastungen des Stammpersonals durch immer wiederkehrenden Anlernaufwand neuer Kolleg*innen. Diese Folgen können durch entsprechende Regelungen in einer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung behandelt werden.

Regelungsziele in Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen im Einzelnen:

  • Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer vorausschauenden Personal- und Kapazitätsplanung aus Kurz-, Mittel- und Langfristperspektive;
  • Pflicht zur regelmäßigen Information des Betriebsrats;

Ein Gedanke zu “Call Center – sichere Jobs ?

  1. Ich arbeite derzeit seit über ein Jahr über eine Zeitarbeitsfirma für ein Unternehmen als Call-Center-Agent (Kundenservice Inbound). Übernommen wurde ich bisher nicht, da ich die erwartete AHT bisher nicht erreicht habe. Viele Prozesse sind zudem sehr umständlich und wir müssen mit vielen verschiedenen Systemen arbeiten. Wird man evtl. vom Betrieb übernommen, gibt es eine erneute Probezeit und zudem erstmal nur einen befristeten Arbeitsvertrag für 12 Monate. Das alles ist insgesamt wenig motivierend, auf Dauer sogar frustrierend…

    Einerseits legt das Unternehmen Wert auf Kundenservice, andererseits wird aber streng auf die Einhaltung der AHT geachtet. Beides gleichzeitig kontinuierlich gut zu schaffen, geht m. M. n. nicht auf Dauer. Ich stelle daher auch immer wieder fest, dass so manche Nacharbeit von Kollegen „schlampig“ durchgeführt oder Kunden einfach „abgefertigt“ werden. Diesen Kollegen mache ich persönlich aber kein Vorwurf, denn sie stehen ja selbst unter Druck, die vorgegebene AHT zu schaffen, damit sie ihren Job nicht verlieren.

    Da ich in den vergangenen Jahren in so einigen Call-Centern gearbeitet habe, weiß ich, dass dies in fast allen Unternehmen (Call-Center) so gehandhabt wird. Die psychischen Belastungen, die man als Call-Center-Agent aushalten muss, sind schon enorm, da gibt es nichts zu beschönigen oder kleinzureden. Auf lange Sicht hält das nicht jeder aus, deshalb ist die Personalfluktuation gerade in diesem Bereich besonders hoch. Wenn sich da in naher Zukunft da nicht grundlegend etwas ändert, bleibt diese Branche für mich persönlich ein sehr unsicherer Arbeitsplatz ohne Hoffnung oder Aussicht auf Festeinstellung. Hier muss der Gesetzgeber dringend etwas ändern!

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